Der Ohlebach / Richer Bach soll wieder „wild“ werden

Durch menschliche Einflüsse, wie Begradigungen und massiven Gewässerverbau, auch außerhalb der Ortslagen, haben Fließgewässer in der Vergangenheit vielfach negative Veränderungen erfahren. Diese haben zu erheblichen Beeinträchtigungen und somit zur Minderung der Funktionsfähigkeit dieser Ökosysteme geführt. "Schnell weg mit dem Wasser" und möglichst große zusammenhängende landwirtschaftlich nutzbare Flächen, war eine Maxime der Nachkriegsjahre. Der dieser Regel folgende technische Gewässerausbau hat weitreichende Folgen, die wir alle heute spüren. Dies betrifft nicht nur die schwindende Biodiversität in aquatischen Lebensräumen, sondern auch die schnelle Absenkung von Grundwasser und die mangelnde Pufferung in Dürrejahren.

Der Ohlebach erstreckt sich über 23 km und führt im Quellgebiet den Namen Heubach. Im weiteren Verlauf ist er auch als Pferdsbach sowie, auf dem größten Teil seiner Fließstrecke, als Richer Bach bekannt. Entlang der Strecke passiert er die Ortslagen Heubach, Groß-Umstadt, Richen, Altheim, Harpertshausen, Hergershausen und Sickenhofen, bevor er in Babenhausen in die Gersprenz mündet.

Die Gewässerstrukturgüte des Richer Bachs / Ohlebachs im Gebiet von Babenhausen ist größtenteils als vollständig  verändert eingestuft, der schlechtesten Kategorie der Gewässerstruktur. Die Hauptprobleme am Ohlebach sind vor    Allem der begradigte, eingetiefte Verlauf, nicht heimische Gehölze sowie die fehlende Anbindung zur Aue. Das Ziel besteht darin, den Ohlebach auf mindestens 30 % seiner Lauflänge die Gewässerstruktur deutlich zu verbessern. Durch die Entfernung von Wanderhindernissen soll für alle Fische und andere aquatische Lebewesen die Möglichkeit geschaffen werden, von der Mündung bis zur Quelle zu wandern. Die Renaturierung fördert eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt und unterstützt die eigendynamische Entwicklung des Fließgewässers.

Ein weiterer Baustein ist die Flächenverfügbarkeit. Das Motto lautet: "Fließgewässer brauchen Raum!". So sollen den  Bächen Uferrandstreifen und Auenflächen zur freien Entwicklung und als natürlicher Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden.

Die Stadt Babenhausen, der Wasserverband Gersprenzgebiet und das Amt für Bodenmanagement Heppenheim haben Eigentümerinnen und Eigentümer von Babenhausen bis Harpertshausen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Ziel der Veranstaltung war es, die Eigentümerinnen und Eigentümer der angrenzenden Flächen über die geplanten Maßnahmen am Ohlebach aufzuklären. Im nächsten Schritt soll die – völlig freiwillige - Mitwirkungsbereitschaft der    Eigentümerinnen und Eigentümer ermittelt werden, um die Verfügbarkeit der Flächen abzuklären. Dabei wird die Stadt vom Amt für Bodenmanagement unterstützt. Zudem ist geplant, zeitnah ein Planungsbüro zu beauftragen, das auf den zur Verfügung stehenden Flächen die möglichen Strukturverbesserungen des Gewässers ermittelt, damit der Ohlebach bald wieder in einem natürlicheren Zustand durch Babenhausen fließen kann.

Hintergrund:
Die im Dezember 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) formuliert als eines ihrer Ziele die Erreichung eines guten ökologischen Zustandes aller Oberflächengewässer. Die Städte und Gemeinden sind für die Unterhaltung der Gewässer verantwortlich. Am Ohlebach haben die Kommunen diese Aufgabe an den Wasserverband Gersprenzgebiet übertragen. Die anfallenden Kosten für die Renaturierung werden bis zu 95 % vom Land Hessen übernommen.

Um die Umsetzung der WRRL zu beschleunigen und die Öffentlichkeit für das Thema Gewässerökologie und Gewässerschutz zu sensibilisieren sowie ferner einen Beitrag zur Hessischen Biodiversitätsstrategie zu leisten, wurde im Jahr 2019 das Programm „100 Wilde Bäche für Hessen“ durch das Hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat initiiert. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs wurde der Ohlebach für das Programm ausgewählt, wodurch die anliegenden Kommunen eine umfassende Unterstützung bei der Gewässerrenaturierung erhalten. Unter anderem wird mit der Hessischen Landgesellschaft mbH ein Dienstleister an ihre Seite gestellt, der sie bei der Maßnahmenumsetzung – von der Planungsphase bis zur Bauumsetzung – begleitet und bei allen Aufgaben der Bauträgerschaft entlastet.

Weitere Informationen zur vergangenen Eigentümer-Informationsveranstaltung finden Sie auf der Homepage der Stadt Babenhausen.